
2019 - FIRMA HABERZETTL HEUTE
Der 89. Geburtstag der Firma Haberzettl
Wenn Tschechen und Deutsche nach mehr als 50 Jahren immer noch um eine zufriedenstellende Form des Zusammenlebens in Europa ringen, wenn die Staatspräsidenten Vaclav Havel und Roman Herzog engagiert und überzeugend für Verständigungsbereitschaft und Aussöhnung werben, dann erinnert sich Gerhard Haberzettl, Seniorchef des führenden Medienfachgeschäftes am Ort, an die eigene Vergangenheit ohne dabei Emotionen wecken zu wollen.
Bevor die Haberzettls ihre derzeitige Position in Herzogenaurach gewannen, hatten sie eine Berg- und Talfahrt zu meistern, die nur deshalb erfolgreich endete, weil man energisch um einen Neuanfang bemüht war und auch des öfteren das Quentchen Glück auf seiner Seite hatte.

Foto: Menschentrauben bildeten sich vor dem Schaufenster,
während der Fußball-Weltmeisterschaft `54
1954 - DIE FUSSBALL-WM
Deutschland wurde Fußballweltmeister
Das denkwürdige Endspiel gegen Ungarn verfolgten viele Herzogenauracher an zwei "Brennpunkten":
Ein Fernsehgerät der Familie Weiler stand am östliche Hoftor des Betriebsgeländes gegenüber dem längst abgerissenen Volkshaus.

1952 - UMZUG NACH
HERZOGENAURACH
Sehen und gesehen werden
Ein weiterer Schritt auf dem Weg zur gesicherten Zukunft
wurde das Anmieten der Eisdiele Römmelt
.Das kleine Gebäude gegenüber dem Türmersturm
,zufälligerweise heute wieder ein Eisladen, diente in den Wintermonaten als Ausstellungsraum, so daß mehr Kontakt zur Öffentlichkeit hergestellt war.
Für das bisher etwas abseits gelegene Kellergassengeschäft zweifellos eine
wichtige Ergänzung, auch wenn zusätzlich 120 DM im Monat berappt
werden mußten. Die Wohnsituation konnte kurz darauf ebenfalls verbessert werden:

1951 - BILDER LERNTEN LAUFEN...
Die Bilder lernen laufen...
Ab 1951/52 begann in Westdeutschland der Siegeszug des Fernsehens,
natürlich zunächst in Schwarz/Weiß. Hören und Sehen lautete von nun an
die Devise, erneut eine große Chance für das junge Herzogenauracher Fachgeschäft, weil die Neugier längst geweckt war, so daß sich eine
erfolgreiche Zukunft abzeichnete. Freilich auch eine Herausforderung für
das knappe Personal, denn es mußten ja neue Techniken erlernt und vor
allem umgesetzt werden.
Der Schmied Helmut Drebinger wurde zum unentbehrlichen
Geschäftspartner, mit dem man die Antennen in der Werkstatt montierte,
bevor diese dann mit Seilen aufs Dach gehievt wurden.
Eine oft schweißtriefende und zeitintensive Arbeit, da manche
"Uralt-Dachstühle" die schweren Antennenkonstruktionen nur aushielten,
wenn man sie mit Stahlseilen absicherte: so zum Beispiel im alten
Wohnhaus Adi Dassler, der neben den Gebrüdern Kern in der Schillerstraße
und der Firma Kühn zu den ersten Fernsehkunden der Haberzettls gehörte.

1949 - RIESIGE MUSIKSCHRÄNK
Big Business und harte Dollar
Die Präsenz der Besatzungsmacht USA auf der Herzogenauracher HERZO
BASE kann man als Glücksfall bezeichnen, so rückblickend Gerhard
Haberzettl, denn die Kaufkraft der GI's (ein Dollar entsprach vier D-Mark )
und deren Bedürfnisse ( Wunsch nach einem Lebensstandard wie zu Hause)
waren bald dafür verantwortlich, daß sich die Kundschaft enorm
vergrößerte.

Foto: Gerhard Haberzettl in den 50er Jahren.
1948 - DIE KELLERGASSE
Die Anfänge des Wirtschaftswunders
Kurz vor der Währungsreform im Juni 1948 riskierten der Neu-Franke und
sein ältester Sohn Gerhard den Weg in die berufliche Selbständigkeit, eine
Chance, die sich aufgrund der Karlsbader Erfahrungen und der fehlenden Alternativen aufdrängte.

1947 - HALT IN BAMBERG
Glück im Unglück
In der oberfränkischen Bischofsstadt hatte die inzwischen fünfköpfige
Familie, die Söhne Günther und Peter waren 1939 bzw. 1941 geboren,
großes Glück, denn die ersten 30 Zugwaggons wurden nach Dresden weitergeleitet, währen die Haberzettls, zufällig im 31. Wagen untergebracht,
ein paar Wochen in Bamberg bleiben konnten. Sie wurden mit den übrigen
in einer leerstehenden Schule von Ordensschwestern versorgt, und der
13jährige Gerhard half beim Kartoffelschälen und bei anderen
Küchenarbeiten, um Essensreste "abzustauben" und dadurch die Verpflegungssorgen der Familie zu verkleinern.

1938 - HERKUNFT DES FAMILIENNAMEN
Von Franken nach Böhmen und zurück
Die Brüder Gerhard, Günther und Peter Haberzettl, kamen im Sudetenland
auf die Welt, das ja seit dem Münchner Abkommen vom September 1938
wieder zu Deutschland gehörte. Sie wohnten in Karlsbad und waren - wie so
viele - Nachkommen von Einwanderern, die man vor einigen Jahrhunderten
ins Egerland lockte, um dort den wirtschaftlichen Aufbau zu beschleunigen.

Foto: Das erste Geschäft in Karlsbad
1930 - DAS ERSTE GESCHÄFT
Die "Volksempfänger-Politik"
Bereits ab 1930 gab es ein Fachgeschäft in Karlsbad, das wegen des günstigen Standortes an einer der Eger-Brücken bald regen Zulauf hatte.
Die "Volksempfänger-Politik" des Dritten Reiches:
Jede deutsche Familie sollte ein Rundfunkgerät besitzen, um empfänglicher für die Naziideologie zu sein - brachte weiteren Aufschwung, so daß es beispielsweise kein finanzielles Problem mehr war, den 1934 erstgeborenen Sohn Gerhard aufs Gymnasium zu schicken.